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208807

(2017) Fremde Ähnlichkeiten, Stuttgart, Metzler.

Wandernde Apokalypsen, apokalyptische Wanderungen

Sandy Lunau

pp. 179-209

Glaubt man der zeitgenössischen literaturwissenschaftlichen Forschung, so hat die Apokalypse Konjunktur. Keine Aussage taucht im Zusammenhang mit Apokalyptik häufiger auf, als die, dass wir derzeit einen Höhepunkt der wissenschaftlichen, medialen und allgemein diskursiven Auseinandersetzung mit ihr erleben. Betrachtet man jedoch die Länge der Zeitspanne, für die nun schon der Apokalypsetrend behauptet wird, so scheint die Rede von der Hochkonjunktur geradezu ad absurdum geführt zu werden, denn eine solche Diagnose setzt eigentlich eine vorangegangene Phase niedrigeren Interesses voraus. Es scheint wohl angemessener zu sagen, dass das Interesse am Apokalyptischen ungebrochen ist. Bezüge zur Apokalypse finden sich in allen Künsten und in allen Medien und traditionelle apokalyptische Texte haben eine reiche Bildlichkeit etabliert, die heute noch kulturell bedeutsam ist. Die Apokalyptik kann also als eine wandernde kulturelle Erscheinung angesehen werden, die zeitliche und räumliche Grenzen transzendiert. Dabei erscheint mir die räumliche Metapher der Wanderung dem Phänomen eher gerecht zu werden als die Rede von der Hochkonjunktur, denn die Wanderung evoziert eine Kontinuität, die der anhaltenden Bedeutung apokalyptischer Literatur Rechnung trägt, während das mit Brüchen und Auf- und Abschwüngen verbundene Bild der Konjunktur dieser longue durée entgegensteht.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-04342-9_9

Full citation:

Lunau, S. (2017)., Wandernde Apokalypsen, apokalyptische Wanderungen, in F. Zipfel (Hrsg.), Fremde Ähnlichkeiten, Stuttgart, Metzler, pp. 179-209.

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