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215977

(2005) Soziologische Aufklärung 2, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Weltzeit und Systemgeschichte

Niklas Luhmann

pp. 128-166

Das naive Verhältnis menschlichen Lebens zu seiner eigenen Geschichte kann in verschiedener Weise durch Reflexion gebrochen werden. Die eine Möglichkeit ist, das Vergangene als einen besonderen Gegenstandsbereich anzusehen und nach den Bedingungen seiner Erkenntnis zu fragen. In dieser Perspektive kann, wenn man Erkenntnis über Erinnerung hinaus szientifizieren will, auch nach den Bedingungen gefragt werden, unter denen solche Erkenntnis als wissenschaftliche zu gelten hat, weil die Ergebnisse der Geschichtsforschung intersubjektive Gültigkeit erreichen. Legt man diese "epistemologische" Perspektive zugrunde, gilt als. ausgemacht, daß das Vergangene etwas ist, was gewesen ist; und weiter, daß aus der Fülle des objektiv Vergangenen forschungswürdige Themen unter dem Gesichtspunkt von Erkenntnisinteressen ausgewählt werden können. Eine ideologische Verzerrung solcher Erkenntnisinteressen (immer: Erkenntnisinteressen!) mag man zugeben und mit mehr oder weniger Optimismus für ausmerzbar halten. Die Sozialgeschichte würde sich dann als wissenschaftliche Disziplin mit der Erkenntnis vergangener sozialer Strukturen und Prozesse befassen. Sie könnte zur Beurteilung der Zusammenhänge und als Selektionshilfe soziologische Theorien heranziehen, die gegenwärtig anerkannt sind und sich forschungsmäßig bewährt haben. In diesem Sinne lassen sich etwa Theorien über Zusammenhänge zwischen Gesellschaftsdifferenzierung, Teilsystemautonomie und symbolischer Generalisierung für historische Forschung auswerten (l)*.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-663-11447-5_6

Full citation:

Luhmann, N. (2005). Weltzeit und Systemgeschichte, in Soziologische Aufklärung 2, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 128-166.

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