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215977

(2005) Soziologische Aufklärung 2, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Evolution und Geschichte

Niklas Luhmann

pp. 187-211

Keine Theorie erreicht das Konkrete. Das ist nicht ihr Sinn, nicht ihr Ziel. Es wäre daher schon im Ansatz verfehlt, das Verhältnis der Geschichte zu welcher Theorie auch immer unter der Prämisse zu diskutieren, daß die Bewährung in der Annäherung ans Konkrete zu suchen sei. Das hat man in einer langanhaltenden Kontroverse über Evolutionismus versus Kulturgeschichte vor allem in der Ethnologie versucht, (1)* ohne mehr zu erreichen als eine Kritik überzogener Abstraktionen der Evolutionstheorie, die als Kritik gleichsam in der Luft hängen bleibt, (2) und eine Forderung nach Wiederverbindung, die nicht näher angeben kann, wie dies zu geschehen habe (3). Die neuere interdisziplinäre Diskussion besteht dann in dem Versuch, die Soziologie auf hinreichend konkretisierte und dadurch (!) für Historiker brauchbare Konzepte abzutasten (4). Dafür spricht vieles. Der Historiker kann auf diese Weise anschließen an die soziologische Theorie sozialer Bewegungen und kollektiven Verhaltens, an den Forschungskomplex Schichtung und Mobilität, an die Soziologie von Herrschaftsorganisationen und Bürokratien — um nur einiges zu nennen. Andererseits muß man sehen, daß dadurch das eigentliche Theorieangebot der Soziologie für die Geschichte ausgespart wird — eben die Theorie soziokultureller Evolution (5). Die folgenden Überlegungen möchten dazu beitragen, eine Überprüfung dieser Tendenz und eine Kooperation von Historikern und Soziologen an einer Theorie gesellschaftlicher Evolution anzuregen.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-663-11447-5_8

Full citation:

Luhmann, N. (2005). Evolution und Geschichte, in Soziologische Aufklärung 2, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 187-211.

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