Repository | Book | Chapter

218318

(1995) Generation und Gedächtnis, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Zeugnis der Vernichtung

Über strukturelle Erinnerungen und Erinnerung als Leitmotiv des Überlebens

Heinz Abels

pp. 305-337

Im römischen wie im Kirchenrecht gibt es eine Strafe, die noch über die Todesstrafe hinausgeht. Das ist die damnatio memoriae: von den Verurteilten soll nicht einmal eine Erinnerung bleiben.1 Die Toten des Völkermordes an den Armeniern im Osmanischen Reich im Jahre 1915 sind einer solchen damnatio memoriae verfallen. Dies ist die eine Seite der Konstruktion einer kollektiven armenischen Identität. Es ist die Seite, die von den Tätern besetzt ist. Die andere Seite der Konstruktion einer kollektiven Identität ist die Zeugenschaft von Überlebenden. Auf den ersten Blick könnte man ihre Erinnerungen als Teil eines Kampfes um die Erinnerung verstehen, doch das werden sie solange nicht sein, wie die Täter bestreiten, daß es überhaupt etwas zu erinnern gibt. Solange die Täter das bestreiten, geht es nur um einen Kampf gegen das Vergessen. Es ist eine strukturell erzwungene Notmaßnahme am Umschlagpunkt zwischen Tradition und Geschichte. In diesem Kampf stehen die Überlebenden von Anfang an und jeder einzelne von ihnen umso mehr, je länger er lebt und je weniger sie sind.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-322-95972-0_13

Full citation:

Abels, H. (1995)., Zeugnis der Vernichtung: Über strukturelle Erinnerungen und Erinnerung als Leitmotiv des Überlebens, in K. Platt & M. Dabag (Hrsg.), Generation und Gedächtnis, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 305-337.

This document is unfortunately not available for download at the moment.