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221155

(2018) Liebe – eine Tugend?, Dordrecht, Springer.

Das Verhältnis von Lieben und Erkennen bei Thomas von Aquin

Peter Heuer

pp. 185-208

Vergleicht man die Auskünfte, die Aristoteles und Paulus zum Verhältnis von Lieben und Erkennen geben, scheint es, als würden sie sich widersprechen, weil Aristoteles das Erkennen höher bewertet als das Lieben und Paulus umgekehrt die Liebe höher als das Erkennen. Thomas von Aquin versucht, sowohl Aristoteles als auch Paulus gerecht zu werden. Ergebnis seiner Analyse ist, dass zwischen Aristoteles und Paulus kein Widerspruch besteht.Um dies zu verstehen, muss man auf den Kontext sehen, in welchem die Überlegungen der beiden entwickelt werden, und zwischen irdischem und ewigem Leben unterscheiden: Für das irdische Leben hängt, was höher zu schätzen ist, vom Gegenstand ab, den man liebt oder erkennt. Handelt es sich um sinnlich wahrnehmbare Gegenstände, steht das Erkennen höher als das Lieben; handelt es sich hingegen um Gott, verhält es sich umgekehrt. Die Auskünfte widersprechen sich nicht und eine pauschale Bewertung ist nicht möglich. Nach dem Tod ändern sich die Verhältnisse. Für das ewige Leben lässt sich sagen: Gottesliebe ist eine Weise zu erkennen und Gotteserkenntnis eine Weise zu lieben. Lieben und Erkennen sind hier real ununterschieden. Sie sind nur noch begrifflich trennbar. Da nun aber die liebende Erkenntnis Gottes letztes Ziel des Menschen für Thomas ist, das womit allein er das ewige Leben verbringt, stellt sich die Frage, ob Lieben oder Erkennen wertvoller ist, nicht länger.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-658-17874-1_9

Full citation:

Heuer, P. (2018)., Das Verhältnis von Lieben und Erkennen bei Thomas von Aquin, in W. Rohr (Hrsg.), Liebe – eine Tugend?, Dordrecht, Springer, pp. 185-208.

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